Zweck/Ziel (Kurzgeschichte)

Ausbaustand der Schule Talentum 2019
Göncruszka liegt im Nordosten Ungarns, wo neben hoher Arbeitslosigkeit und Mangel an Arbeitsplätzen oft in Familien und bei Alleinstehenden (vor allem Witwen) tiefe Armut herrscht.
Ein hoher Prozentsatz der Bevölkerung sind Roma (z.B. in Nachbardorf Vilmány, das zur Kirchgemeinde Göncruszka gehört, ca. 85% ), die in oft sehr baufälligen Häusern wohnen, von Sozialhilfe leben und grosse Familien haben – so erhalten sie Kindergeld vom Staat. Jugendliche besuchen nach den 8 Pflichtschuljahren weiterführende Schulen mit Schülerwohnheim, die sich in grösseren Städten befinden, meist ca. 100 km entfernt. Zum Studieren gehen sie meist noch weiter nach Westen – und sie werden auch sehr oft nicht mehr zurückkommen. Wer keine weiterführende Schule besucht, bleibt meist ohne Arbeit und landet in der Sozialhilfe.
Zunehmend ziehen auch Familien mit Kindern weg (2016 immerhin 4% der Gesamtbevölkerung Ungarns) – kleine Dörfer müssen ihre Schulen schliessen. Auch Göncruszka hatte 2004, als das Pfarr-Ehepaar Sohajda nach Göncruszka kam, keine eigene Schule mehr. Wegen Kindermangel war sie geschlossen worden. Zurück bleiben oft vor allem alte Menschen (meist Witwen) – ihre Kinder ziehen gen Westen.
Auch kleine Kirchgemeinden bleiben zurück, die sich keinen Pfarrer mehr leisten können, denn den Pfarrerlohn bezahlt die Kirchgemeinde. Die reformierte Kirchgemeinde Göncruszka zählte noch 68 Mutglieder, fats alle älter als 70 Jahre, 2004 beim Beginn der Arbeit von Zsuzsa und Levente Sohajda. 2021 zählt sie 90 Mitglieder.
Um in dieser von der Regierung schon (fast) aufgegebenen Region Zukunftsperspektiven zu schaffen und Familien zum Bleiben zu ermutigen, gründete die ref. Kirchgemeinde Göncruszka im September 2011 ihre Grundschule „Talentum“, damals mit einer ersten und einer zweiten Klasse und insgesamt 16 Kindern. „Gemeindeaufbau“ auch da!
2011 konnte Talentum eröffnen, weil die Kirchgemeinde das ehemalige Schulgebäude im Baurecht für 99 Jahre von der Gemeindeverwaltung Göncruszka übernehmen konnte. Die ersten 3 Schulzimmer wurden mit viel Freiwilligenarbeit fertiggestellt.
Ein nächstes Schulzimmer: noch nicht eingerichtet…..
Von Anfang an dabei waren Pfarrehepaar Levente und Zsuszsa Sohajda
Jedes Schuljahr kam eine weitere Klassenstufe dazu – Ende Schuljahr 2018 hat die erste 8.Klasse ihre Schulzeit mit überdurchschnittlichen Resultaten der staatlichen Abschlussprüfung abgeschlossen, diese Schüler haben 2011 als Zweitklässler angefangen. Inzwischen besuchen 184 Kinder die Schule Talentum in 8 Klassen.
Seit 2014 Jahren wurde noch ein Kindergarten eröffnet – mit rund 40 Kindern. Von 8.00 – 15.30 Uhr sind die Kinder ab 3 Jahren dort.
Drei Dinge waren immer ganz wichtig für Talentum:
- Integrative Schulung:
Ziel: 1/3 der Kinder sind Roma, 1/3 Pflegekinder, 1/3 Bauernkinder.
Wenn man bedenkt, dass in Ungarn oft „schwarze“ Schulen mit fast ausschliesslich Roma und „weisse“ Schulen ohne Roma existieren, so ahnt man, wie wichtig – und damals einmalig – dieser Grundsatz ist. Viel Kopfschütteln und „das wird nicht gehen“ begleitete die Schulgründung – der Erfolg heute beweist, dass es geht! Jedes Jahr neu gibt es 50-60 Anmeldungen für die erste Klasse. Eine schwierige Auswahl, denn es kann nur eine erste Klasse neu starten (aus Raum- und Lehrerinnengründen).
- Begabungen der Kinder fördern
durch Zusatzprogramme wie Musik, Tanzen, Zeichnen, Puppen herstellen, Werken, Thai Boxen, Fussball, usw. – immer in der Entwicklung.
- Lernen fürs Leben:
Zusammenleben in der Schule und Rücksicht aufeinander nehmen und zusammen am Tisch sitzen beim Mittagessen („Tischgemeinschaft“ ist zuhause nicht selbstverständlich), das Mitarbeiten in der kirchgemeindeeigenen Imkerei vermittelt Kenntnisse zur Bienenzucht; Religionsunterricht, Familiengottesdienste, Andachten schaffen Beheimatung im christlichen Glauben.
Schule und Kindergarten bieten 3 Mahlzeiten/Tag für alle Kinder an: Neben Mittagessen auch Znüni und Zvieri. Für manche Kinder sind das die einzigen Mahlzeiten. Und noch ein Anliegen steht hinter diesen gemeinsamen Mahlzeiten: Bei allen sozialen Unterscheiden im Leben sollen alle Kinder dasselbe zu essen erhalten.
Herausfordernde Raumentwicklung
Von 11 Kindern zu 184 – das bedeutet mehr Räume. Seit 2011 wird gebaut … fehlende Schulzimmer, Mehrzweckraum/Aula, Garderoben und WCs … Turn- und Sportplatz … nun fehlt noch eine Turnhalle.
Neu nimmt Talentum auch behinderte Kinder auf, die eine besondere Betreuung benötigen und die in staatlichen Schulen abgewiesen wurden.
Zwischenzeitlich (2021) ist die Schule fertiggebaut – ohne Turnhalle. Der Sportunterricht findet meist draussen statt.
Schulbus
Jeden Morgen fährt der Talentum-Schulbus, gefahren von einem Freiwilligen der Kirchgemeinde, seine Tour durch 18 Dörfer der Umgebung und sammelt die Kinder. Um 16.00 Uhr werden sie wieder sicher zurückgebracht. Kostenlos – und so können auch arme Familien ihre Kinder in die Schule schicken.
Finanziert wird vieles in der Schule über Erlöse aus der Imkerei. Der feine Honig ist auch bei uns in Zürich erhältlich!